Positionen
Migration und Teilhabe
Niedersachsen ist heute eine Heimat für viele Menschen unterschiedlichster Herkunft. Mitbürgerinnen und Mitbürger, deren Wurzeln außerhalb Deutschlands liegen, werden dabei oft als Fremde wahrgenommen. Den Umgang mit ihnen wollen wir auf der Grundlage einer „Willkommenskultur“ gestalten.
Zweifellos müssen Menschen, die nach Deutschland einwandern, sich integrieren. Allerdings gehört zur Integration auch die Bereitschaft der Mehrheitsgesellschaft, sich in eine Welt zu integrieren, die sich jeden Tag verändert. Unsere Gesellschaft ist heute eine vollkommen andere, als sie es vor 50 Jahren war. Diese Veränderung muss gestaltet werden, und wir alle sind aufgerufen, unseren Anteil zu leisten. Für mich als Sozialdemokratin ist die Vielfalt, die mit der Veränderung gekommen ist, mehr als nur ein großer Gewinn, sie ist ein Lebensgefühl.
Als Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe werde ich mich insbesondere für die folgenden Punkte einsetzen:
- Migrationspolitik muss einen zentralen Platz auf der politischen Agenda erhalten. Dabei muss der Dialog mit Vereinen, Verbänden und Organisationen gestärkt werden.
- Der Optionszwang, also die Pflicht für junge Menschen, sich bis zum 23. Geburtstag für eine ihrer Staatsbürgerschaften zu entscheiden, muss aufgehoben und eine generelle Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft ermöglicht werden.
- Kindern muss so früh wie möglich der sichere Umgang mit der deutschen Sprache vermittelt, gleichzeitig aber auch Zweisprachigkeit gezielt gefördert werden.
- Mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte müssen im Öffentlichen Dienst arbeiten.
- Die Angestellten im Öffentlichen Dienst und im Gesundheitswesen müssen in ihrer interkulturellen Kompetenz gestärkt und geschult werden, um Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte bei deren Anliegen besser helfen zu können.
- Die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsabschlüsse muss leichter werden.
- Alle bei uns lebenden Menschen sollten auf kommunaler Ebene ein Wahlrecht erhalten, Menschen mit der Staatsangehörigkeit eines Landes, das der Europäischen Union angehört, auch das Wahlrecht auf Landesebene.
Asyl- und Flüchtlingspolitik
Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung in Niedersachsen hat die Asyl- und Flüchtlingspolitik stark vernachlässigt. Dies wird den betroffenen Menschen nicht gerecht, und das werden wir ändern:
- Die Sicherung des Existenzminimums sowie der medizinischen Versorgung sind grundlegende Rechte eines jeden Menschen und muss unabhängig vom Aufenthaltstitel gewährt werden.
- In Deutschland lebende Flüchtlinge sind ein Teil unserer Gesellschaft und müssen auch so behandelt werden. Dazu gehört die Abschaffung der Residenzpflicht und die Möglichkeit für Flüchtlinge, eine Arbeit aufzunehmen.
- Die Verteilung der Flüchtlinge darf nicht allein durch eine Aufnahmequote bestimmt werden. Familiäre und persönliche Gründe müssen bei der Entscheidung wesentliche Bedeutung haben.
- Asylbewerberinnen und Asylbewerber sollen in dezentralen Unterkünften untergebracht werden. Dies bietet ihnen wie auch den Einheimischen die beste Möglichkeit, einander zu begegnen und am gesellschaftlichen Leben miteinander teilzuhaben. So kann Willkommenskultur unmittelbar vor Ort (er)lebt werden.
Bereits erreicht haben wir mit der rot-grünen Koalition:
- dass die rigorose, unmenschliche Abschiebungspraxis beendet wurde. Damit ist der erste Schritt in einem Umkehrprozess hin zu einer humanitären Flüchtlingspolitik getan worden.
- dass die Besetzung und die Arbeit der Härtefallkommission, die über abgelehnte Asylanträge entscheidet, reformiert werden wird.
- Damit ist gesichert, dass die Härtefallkommission ein menschlicheres Gesicht bekommt und sie die Probleme der Antragstellenden ernst nimmt.
Bildung
Niedersachsen braucht ein Bildungssystem, welches unser Land im nationalen und internationalen Wettbewerb stark macht. Die Fakten, die Schwarz-Gelb hier in den letzten zehn Jahren geschaffen hat, deuten leider in eine andere Richtung: Mehr als 5.000 Jugendliche in Niedersachsen verlassen jährlich die Schule ohne Hauptschulabschluss, rund 40.000 erhalten keinen Ausbildungsplatz. In keinem anderen Bundesland ist es so schwer wie hier, eine höhere Schulebene zu erreichen.
Auch im Universitätsbereich sieht es nicht besser aus. Niedersachsen hat eine der geringsten Studienanfängerquoten, dennoch beharrt die Landesregierung auf Studiengebühren. Nicht zuletzt mit Blick auf den demografischen Wandels dürfen wir dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen.
Besonders wichtig ist mir dabei:
- Eine bedarfsgerechte, verlässliche und qualitätsvolle frühkindliche Erziehung und Bildung in Kindertagesstätten
- Die Umwandlung von allgemeinbildenden Schulen in Ganztagschulen
- Alle Bildungseinrichtungen müssen die Voraussetzungen für eine flächendeckende Inklusion schaffen
- • Kinder und Jugendliche mit Wurzeln außerhalb Deutschlands und sozial benachteiligte Familien müssen bedarfsgerecht gefördert werden
- Die berufliche Bildung muss gefördert werden, um den Anteil scheiternder Jugendlicher schnellstmöglich zu senken
- Wiedereinführung des Abiturs nach neun Jahren an Gesamtschulen
- Die Schnellstmögliche Abschaffung der Studiengebühren
- Öffnung der Hochschulen für Menschen ohne klassischen Hochschulzugang
Sozialpolitik
Im Bereich der Familien- und Sozialpolitik sehe ich insbesondere auf folgenden Feldern dringenden Handlungsbedarf:
- Niedersachsen wird unter einer neuen Regierung eine Bundesinitiative zur Abschaffung des Betreuungsgeldes nach vorne treiben.
- Für echte Chancengleichheit muss sich der Ausbau von Krippen am tatsächlichen Bedarf orientieren. Niedersachsen hat einen enormen Versorgungsmangel, wenn es um die Betreuungsquote von Kindern unter drei Jahren geht – dabei werden die Grundlagen für eine gute Schuldbildung besonders in den jüngsten Jahren gelegt.
- Wir müssen den Personalschlüssel erhöhen und Kita-Gruppen verkleinern. Auch hier gilt „Qualität vor Quantität“. Ein Erzieher sollte in der Krippe nicht mehr als fünf Kinder betreuen. Bei Kita-Gruppen für Kinder unter sechs Jahren sollte der Schlüssel nicht höher als zehn sein.
- Das Pflegesystem ist chronisch unterfinanziert. Die Pauschalförderung für Krankenhäuser hat unter Schwarz-Gelb immer weiter abgenommen. Hinzu kommt, dass in Niedersachsen nur 4,8 % aller Beschäftigten in der Gesundheitswirtschaft sozialversichert sind. Auch im Bereich der Pflegesätze müssen wir umgehen handeln.
- Bis zum Jahre 2017 fehlen in Niedersachsen rund 77.000 Wohnungen, damit liegen wir im Westdeutschen Vergleich im unteren Mittelfeld. Die Wohnraumförderung muss daher umgehend angehoben werden.
- Kinderarmut muss entschlossen bekämpft werden. Jedes fünfte Kind in Niedersachsen ist armutsgefährdet, bei Alleinerziehenden ist es fast jedes zweite Kind.